Rangierlok BR80
Die Planung
Zunächst einmal sollte die Maschine nicht zu kompliziert sein, da man ja erst einmal Erfahrung sammeln wollte. Es wurde also eifrig Literatur gesucht und studiert.
Bei
der Planung meines zukünftigen Modells,fiel mir ein kleines Büchlein von Herbert Salzburg,-Modell-DampfLok Bau und Betrieb
(alba-Verlag) -, auf.
Da ich mir zwar über die Grösse des Modells im
Klaren war, so war aber der Typ der Lokomotive
noch völlig offen. Aber genau dieses leine Buch trug letztlich dazu bei, eine BR80 zu bauen.
Die Maschine sieht nicht nur gut aus,
sie stellt auch eine kompakte Bauart dar, was auch
sicherlich einer guten Kurvengängigkeit zugute
käme.
Volles Vertrauen ob meiner handwerklichen Fähigkeiten, wurde der Entschluss in die Tat umgesetzt.
Es sollte ein mühsamer Weg werden. Das Buch gab mir die Anfangsanregung, aber woher bekomme ich noch Original Zeichnungsunterlagen? Hoffnungslos!
Ich löste das Problem auf eine andere Art und Weise.
Da gibt es doch die so geschätzten Lokomotivmuseen, u. a. in Bochum Dahlhausen. Dort steht eine BR 80, zwar nicht mehr betriebsbereit, aber in einem guten und vor allem fotogenen Zustand. Es sind schon einige Filme verknippst
worden mit dem Erfolg, über viele Details dieser schönen kleinen Rangierlok zu verfügen.
Die Realisierung der ersten
Lokomotive
Da aus einschlägiger Fachliteratur die äusseren
Abmessungen der Lok bekannt waren, konnte ich jetzt an
Hand des Fotomassstabes und der vorgesehenen
Modellgrösse die Detailmasse für mein Modell
umrechnen. Es sei aber schon jetzt darauf verwiesen,
man muss Kompromisse machen. Denn man bewegt sich in
Abmessungsbereiche die eigentlich schon Sache für
industrielle Profis ist. Ich habe mir z.B. selbst
Grenzen gesetzt und keine Schraube unter M2
eingesetzt. Aber es sind alles Modellschrauben, sehr
teuer aber sie sehen gut aus. Als Baumaterial wurde
überwiegend Kupfer, für Kessel und Leitungen,
Messingblech und Messingprofile, für Gehäuse,
Verkleidungen, Rahmenteile, Kuppelstangen,
Steuergestänge und Zylinder etc. verwendet. Der
eigentliche Fahrgestellrahmen ist aus Alu gefertigt
und die Kuppel- und Treibräder sind als einziges
Fertigteil von der Firma Regner bezogen (sehr
preiswert und gut).
Die ersten Bauergebnisse
Es mag eigenartig klingen, begonnen habe ich mit
der Anfertigung der beiden Kuppelstangen der
C-gekuppelten Maschine. Diese Kuppelstangen habe ich dann später,
bei der Herstellung des Fahrwerkrahmens, als
Bohrschablone zur Bestimmung der genauen Lage der
Achsbohrungen für die Treib- und Kuppelräder
herangezogen. Diese Achsbohrungen wurden dann
ausgearbeitet zu Lagertaschen in die wiederum die
eigentlichen Achsenlager mit Gleitschuhen
eingepasst wurden. Somit war es möglich, alle
Achsen, über eine besondere Einrichtung innerhalb
des Fahrwerkrahmens, gefedert zu lagern und auch
die Federkomponente dem späteren Gewicht der
Maschine anzupassen.
Die Vorgehensweise, Kuppelstange als
Bohrschablone für die Achszentralen, zahlte sich
schon nach dem ersten provisorischen Zusammenbau
der Achsen und Aufstecken der Kuppelstangen aus.
Die Räder liefen auf Anhieb sauber rund, ohne
schwere Laufstellen.
Im Zuge des Baufortschrittes wurden
immer wieder kleine Verbesserungen durchgeführt,
sodas sich in verschiedenen Position die gezeigte
Anordnung nicht mehr mit dem fertigen Modell
deckt. Diese Änderungen waren besonders gravierend
bei der Fertigung der Zylinder und
Schiebersteuerung. Die erste Version war noch
gemäss dem Original mit Rundschiebern
ausgestattet. Das ist zwar für den Modellbereich
relativ leicht zu realisieren aber das Problem der
Abdichtung dieser Rundschieber gestaltete sich
äusserst schwierig. Die Dampfverluste gingen auf
Kosten der Leistung und ich entschloss mich den
Kompromiss einzugehen, eine Flachschiebersteuerung
zu entwickeln. Flachschieber und die
Schiebergehäuse sind kompliziert zu fertigen,
haben aber den grossen Vorteil, permanent dicht zu
sein.
Die Steuerung der
Maschine
Eine wirklich funktionierende
Heusinger-Steuerung, für die beschriebene
Modellgrösse, zu bauen ist eigentlich auch schon
was für die besagten Industrieprofis. Es erfordert
schon erhebliche Präzision bei der Herstellung der
einzelnen Teile, Gestänge, Hebel und
Führungen.
Notwendige
Laufspiele summieren sich leider beim
Zusammenspiel so vieler Teile und dann gibt es
ungewollte Überschneidungen bei der
Dampfeinströmung, was wiederum die erwartete
Leistung der Maschine in den Keller drückt. Glaubt
man endlich jetzt läuft sie in der einen Richtung,
so erlebt man bei Umkehr der Laufrichtung wieder
eine neue Enttäuschung.
Also wird wieder geändert und probiert
und irgend wann ist dann auch der AHA-Effekt da
und es funktioniert.
Aber man muss auch hier Realist sein. Die
Heusingersteuerung weist ja im Original die
Möglichkeit aus, dass der Maschinist je nach
Leistungsbedarf seiner
Maschine, alle möglichen
Einströmverhältnisse einstellen und somit auch die
expansionsfähigkeit des Dampfes voll ausnutze
kann. Das funktioniert auch bei grösseren
Modellen. Aber bei kleinen Modellen wie hier
beschrieben, muss man doch erhebliche
Einschränkungen machen.
Die Kreuzkopfführung habe ich gegenüber dem
Original nicht rechteckig sondern rund ausgeführt.
Bei dieser Modellgrösse liess es sich so besser
realisieren und erfüllt zudem auch tatsächlich
eine echte Führungsfunktion.
Die
beiden Zylinder sind am Fahrwerksrahmen
verschraubt und können zur besseren Ausrichtung
hinsichtlich der Kreuzkopfführung, genau
eingestellt werden.
Da ich nicht beabsichtigte die Lok mit einer
Fernsteuerung zu versehen, erfolgt Umsteuerung der
Fahrtrichtung ähnlich dem Original über ein
Gestänge auf der Lokführerseite. Die
Verstellmöglichkeit befindet sich unterhalb des
Führerhauses und wird dort über einen Handhebel
ausgelöst. Wer es nicht weiss, dem fällt der Hebel
kaum auf.
Die Zylinder
Noch etwas zu den Zylindern. Die Maschine hat
einen Zylinderdurchmesser von 14 mm und die
Kolbenstangen werden auch in Fahrtrichtung aus
den
Zylinderdeckeln heraus geführt und über
zusätzliche Stopfbuchsen abgedichtet. Das erhöht
zwar die Reibung etwas, aber es trägt auch
erheblich zu einer sauberen Führung des Kolbens
bei, der übrigens ohne O-Ringe oder Teflon
Abdichtung läuft. Allerdings habe ich die Kolben
mit je 4 Labyrintnuten versehen und die Kolben
selbst in den Zylindern eingeschliffen. Die
Labyrintnuten haben den Effekt, dass der
vorbeistreichende Dampf schon an der ersten Nute
verwirbelt und einen Druckabfall bewirkt. Bei
4
Nuten
verursacht diese Tatsache schon eine sehr gute
Abdichtung und hat sich bestens bewährt. Im Bild
ist noch die Dampf-Speisewasserpumpe oberhalb des
Zylinders angeordnet. Diese Pumpe erfüllt am
Modell aber die Funktion eines
Dampfstrahlölers.
Der Kessel
Lange habe ich experimentiert um einen optimalen
Kessel zu entwickeln. Ob es die letzte und
endgültige Ausführung ist, die ich im Moment
einsetze, bleibt noch abzuwarten. Zumindest die
beiden Vorläufer des jetzigen Kessels brachten
nicht die erwarteten Ergebnisse. Der jetzige, als
Flammrohrkessel entworfen, wurde aus einem
handelsüblichen 54 mm Durchmesser Kupferrohr, bei
einer Länge vom 130 mm,
erstellt.
Auch die beiden
Endböden sind aus handelsüblichen, modifizierten
54 er Endkappen angefertigt worden. Der Kessel
wird über seine ganzen Länge von einem 28 mm
Durchmesser Flammrohr durchzogen. Etwa ab Mitte
dieses Flammrohres in Richtung Rauchkammer, sind 4
Quersiederohre, versetzt und mit Abstand
zueinander, angeordnet.
Bei der Fertigung wurde das Flammrohr und die
Quersiederohre mit einem Silberlot, Schmelzpunkt
etwa 830 ° C, verlötet. Der Kessel selbst wurde
dann später, nachdem alle Teile zusammengefügt
waren, mit einem Silberlot bei etwa 650 ° C
verlötet. Das verhinderte, dass sich eventuell die
nun nicht mehr zugänglichen Quersiederohre im
Flammrohr wieder loslöteten. Der Kessel war nach
einer Druckprobe dicht. Im oberen Teil des Kessels
ist auch ein durchgehendes 6 mm Kupferrohr
eingelötet, durch das die Dampfspeiseleitung vom
Fahrventil zu den Zylindern geführt wird. Somit
werden Wärmeverluste des Frischdampfes
verhindert.
Darüber hinaus wurde diese Dampfleitung,
bevor sie letztlich an den
Zylinderverteiler angeschlossen wurde, über einen
Überhitzer, angeordnet im vorderen Ende des
Flammrohres, geleitet. Wenn man sich auch über die
Vorteile eines Überhitzers bei dieser Modellgrösse
streiten kann, meine ich jedoch festgestellt zu
haben, dass erheblich weniger Kondensat im
Zylinder anfällt und nach kurzer Fahrzeit, relativ
trockner Dampf zur Verfügung steht. Zumindest
konnte ich so auf eine zusätzliche
Zylinderentwässerung verzichten.
Zur Aufnahme des Kessels sind, ähnlich dem
Original, zwei Kesselsättel im Fahrwerksrahmen
integriert und der Kessel, mittels Spannbänder aus
Kupfer, darauf festgezurrt. Dem Kessel wurde noch
ein Verkleidung angepasst und zwar in der Form,
das zwischen Kessel und Verkleidung noch später
eine wirksame Isolierschicht aus Kork und Alufolie
eingebracht werden konnte.
Wie aus der Abbildung zu entnehmen, ist
vor dem Kessel ein Kupferring angeordnet der
wiederum mit dem Fahrwerksrahmen verbunden ist.
Dieser Ring dient zu Aufnahme der kompletten
Rauchkammer. Da auch die Rauchkammer mit einer
Verkleidung ausgestattet ist wurde dies so
ausgebildet, dass die Verkleidung nach Einstecken
der Rauchkammer den besagten Kupferring
vollständig überdeckt.
Der Brenner
Ein grosses Experimentationsfeld war die
Entwicklung der Gasfeuerung. Zunächst habe ich
einen handelsüblichen, in jeden Baumarkt
erhältliche 14 mm Brenner der Fa. Rothenberger
eingesetzt. Der funktionierte auch ohne
Komplikationen. Aber meine Enttäuschung war gross,
als sich die erwartete Kesselleistung nicht
einstelle.
Trotz der enormen Wärmeleistung des Brenner und
der eingesetzten Quersiederohre, war ein Druck von
1,5 bar bei laufender Maschine nicht zu halten.
Vermutlich wird einfach zu viele Wärmeleistung,
bedingt durch die Bauart des Brenner, aus dem
Kamin geblasen. Auch eine Isolierung des Kessels,
die immer die immer zu empfehlen ist, brachte
keine Verbesserung. Ich weiss nicht mehr wieviel
Stunden ich damit verbracht das Problem zu lösen.
Nur irgend wann war mir klar, mit dieser Art
Brenner komme ich nicht weiter.
Seit geraumer Zeit werden auf dem Markt
Keramikbrenner für die Beheizung stehender und
liegender Modellkessel angeboten.
Diese Keramikbrenner haben einen
ausgezeichneten Wirkungsgrad und eine fast
geruchlose Verbrennung. Prima! Aber für mein
Flammrohr gibt’s nichts. Das Problem liess mich
nicht mehr los und ich begann damit, Versuche mit
einem Keramik-Rohrbrenner anzustellen. Schon die
ersten Experimente stimmten mich hoffnungsvoll.
Das benötigte Keramikmaterial hatte ich mir vom
Dampftreff Sinsheim 2000 mitgebracht. Es ist eine
Lötunterlage mit den Abmessungen 135 x 95 x 13 mm
und lässt sich hervorragend mit der Laubsäge und
Feile zu allen möglichen Formen bearbeiten.
Letztlich entstand ein Brenner der auch im
Flammrohr den oben genannten Keramikbrennern
ebenbürtig war. Eine
weiche, sehr intensive und leise Flamme
brachte eine spürbare Leistungsverbesserung des
Kessels und einen konstanten Lauf der
Maschine,
wobei sich der Kesseldruck bei 1,9 bar
stabilisierte. Die Keramik glühte schon nach
kurzer Zeit hellrot und sorgte so auch für eine
sichere Verbrennung. An dieser Stelle sollte nicht
unerwähnt bleiben, dass bei 14 mm
Kolbendurchmesser schon etwas an Dampfmenge und
somit Kesselleistung bei konstantem Druck,
verlangt wird! Damit auch für etwa 20 Minuten eine
Befeuerung gewährleistet ist, wurde der Gastank
den örtlichen Verhältnissen der Maschine angepasst
und aus einem 28 mm T-Stück hergestellt. Versehen
mit einem selbst gebauten
Füllventil und einem eigens entwickelten und
angepassten Brennerventil, wurde dabei Wert auf
absolute Dichtigkeit gelegt.
Nach Zünden des Brenners und Entnahme
von Gas, verwandeln die Gastanks sich gerne in
Kühlschränke, was wiederum den Gasdruck reduziert
und die Flammleistung negativ beeinträchtigt.
Durch einen losen Kontakt des Gastanks mit der
dafür vorgesehenen Halterung am Fahrwerksrahmen,
wird Wärme des sich zwangsläufig mit aufheizenden
Rahmens auf den Gastank begrenzt übertragen und
Wärmeverlust des Flüssiggases ausgeglichen. Der
Gasdruck bleibt auf diese Weise ziemlich
konstant.
Besonderheiten
Das Vorderteil der Maschine ist aus einzelnen
Segmenten gefertigt, die dann anschliessend
vernietet und mit Silberlot zusammengelötet
wurden. Diese komp. Einheit, die auch die
Pufferbohle aufnimmt, wir in den Maschinenrahmen
eingeschoben und mit diesem verschraubt.
Selbstverständlich sind die Puffer abgefedert und
stimmen in der Arbeitshöhhe z.B. mit den Märklin
Spur 1 Wagen überein. Das Führerhaus, Kohlenkasten
und die Wassertanks bilden eine Einheit die
ebenfalls aus einzelnen Messingblechsegmenten
bestehen, vernietet und verschraubt wurden. Hier
wurde Wert darauf gelegt, dass alles weitestgehend
zerlegbar ist. Am hinteren Teil des Aufbaues wurde
ebenfalls eine Pufferbohle mit abgefederten
Puffern und Kupplungsgeschirr angeschraubt. Die
gesamte Einheit wird über den Kessel und
Fahrerstand gestülpt, wird vorne, vor der
Rauchkammer, in eine spezielle Halterung rechts
und links eingerastet und hinten im Bereich der
Pufferbohlen, mit dem Fahrwerksrahmen, über
Führungsstifte und Schrauben, verbunden. Die Lok
durchläuft einen Schienenradius von 750 mm
problemlos. Sie kann also bedingt durch den
Achsabstand auf engeren Kreisen nicht eingesetzt
werden. Die Aufheizzeit bis zum ersten Fahren
beträgt ca. 8-10 Min. Der Wasservorrat liegt bei
etwa 180 ml.
Das reicht für ca. 10-15 Min. Fahrzeit. Als
Gleismaterial eignet sich jedes 45 mm Gleis, sei
es LGB oder Märklin etc. Für die Lok habe ich
etwas mehr als 2 Jahre Bauzeit hinter mir.
Dazwischen lagen natürlich auch schöpferische
Pausen um auch mal Probleme gedanklich und ohne
Stress anzugehen. Vielleicht konnte ich mit diesem
Beitrag einige Anregungen geben oder aber es war
ein Anstoss zu weiteren Diskussionen. Eines kann
ich aber feststellen – mir hat es sehr viel Freude
bereitet, dieses Modell zu bauen. Fast würde ich
sagen, es war auch nicht das letzte Mal....
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